Den praktischen Teil meines Studiums habe ich in einer kleinen Firma verbracht, die Software für Verlage programmiert. Trotz diverser anderer Aufgaben, die mir einen winzigen Einblick in andere Bereiche außerhalb der Softwareentwicklung gönnten, verbrachte ich die meiste Zeit dort mit der Programmierung von Anwendungen. Und ich wusste schon sehr bald: das ist nicht das, was ich mein Leben lang machen möchte.
Bei einem Mitarbeitergespräch, weniger als ein Jahr bevor mein Studium zu Ende war, wurde mir in Aussicht gestellt, nach der Ausbildung im Bereich Vertrieb einzusteigen und auch in der Projektleitung tätig zu werden. Nachdem ich zu diesem Zeitpunkt unseren Messeauftritt vorbereitet hatte, was zum Vertrieb zählte und eine willkommene Abwechslung zur Programmierung darstellte, war ich hellauf begeistert und malte mir meine Karriere in diesem Unternehmen in den buntesten Farben aus.
Einen Dämpfer bekam ich erst, als sich meine Bachelorarbeitsthemen wieder um Softwareentwicklung drehten und die Unterstützung einer Weiterbildung im Bereich Projektmanagement von meinem Unternehmen ohne Erklärung schlichtweg abgelehnt wurde. Da begann ich meine Zukunftsvisionen zu hinterfragen. Wird sich mein Aufgabenbereich wirklich stark verändern? Finde ich unsere Projekte so spannend, dass ich überzeugend im Vertrieb arbeiten kann? Habe ich dort Chancen mich auch nach meinem Studium weiterzubilden?
Da ich keine der Fragen mit einem eindeutigen „Ja“ beantworten konnte, begann ich, mich nach einer Alternative umzusehen. Aufgrund eines Filmprojekts im 6. Semester besuchten wir eine Agentur und führten ein Interview mit einem User Experience Architect, der in dem Unternehmen für die Benutzerfreundlichkeit von Webseiten oder Anwendungen zuständig war. Nachdem ich fast vier Jahre in einer Firma verbracht habe, in der es nur von Software-Entwicklern und IT-Experten wimmelte, faszinierte mich die Tatsache, dass in einem Unternehmen so viel Wert auf Usability gelegt wird, dass es eigens dafür angestellte Spezialisten gibt. Da mich der psychologische Bereich schon im Studium fasziniert hatte, war ich Feuer und Flamme, mich für diese Stelle zu bewerben. Doch nach längerem Nachdenken musste ich mich wieder fragen: Ist das wirklich das Richtige für mich? Eigentlich fand ich die ganze Datenerhebung und –auswertung im Studium eher anstrengend, die Ergebnisse und deren Aussagen interessierten mich mehr. Auch die Mediengestaltung fand ich total super, doch mein Dozent fand meine Arbeiten nicht so umwerfend und wirklich umfangreiches Wissen hatte ich auch nicht vorzuweisen. Ich verzweifelte langsam.
Bis mir dann irgendwann klar wurde, dass ich von allem ein bisschen wollte. Ich fand die Abwechslung im Studium spannend, von jedem Bereich etwas mitzubekommen, die Grundlagen der Gestaltung, Psychologie, ja sogar Programmierung und noch vieles mehr. Mich intensiv mit einer einzigen Sache auseinanderzusetzen wurde mir auf Dauer einfach langweilig. Da ich das Zertifikat im Projektmanagement auch ohne die Unterstützung meiner Firma machte, kam mir da die Idee: als Projektleiterin würde ich Einblicke in alle Bereiche eines Projekts bekommen, ohne mich mit den einzelnen Details auseinandersetzen zu müssen. Die Prüfung für das Projektmanagement-Zertifikat war auch recht einfach für mich, die Organisation und Planung von Projekten würde mir schon gelingen. Doch das Problem war: in meiner Firma würde ich nie mehr als von reiner Programmierung mitbekommen, zumal „neue“ Technologien wie die Entwicklung von Apps erst mit meiner Bachelorarbeit überhaupt angeschnitten wurden.
Also machte ich mich auf die Suche nach Firmen, die mir alles bieten konnten: Usability, Design und Programmierung und das in einem innovativen Bereich. Das war gar nicht so einfach. Welche Begriffe konnte ich bei Google eingeben um solche Unternehmen zu finden? Da kam mir eine andere Idee: unser Usability-Interviewpartner hatte mich bei Xing geadded. Kurzerhand ging ich seine Kontakte durch, um vielleicht bei seinen Bekannten weitere Firmen zu finden, die meiner Vorstellung entsprachen. Insgesamt fiel die Suche nicht sonderlich erfolgreich aus, aber ich hatte eine weitere Agentur gefunden, die sich mit den neuen Medien auseinandersetzt: SENSORY-MINDS.
Also schickte ich zwei Bewerbungen per E-Mail an diese Agenturen raus, und SENSORY-MINDS meldete sich auch sofort am nächsten Tag, um mich zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Die schnelle Reaktionszeit gefiel mir gut, zumal ich bei der anderen Agentur das genaue Gegenteil erfuhr: nach mehreren Nachfragen meinerseits bekam ich nach 10 Wochen dann doch nur eine Absage. Bei einer solchen Verzögerung hätte ich mir auch nochmal überlegt, ob ich wirklich dort hätte arbeiten wollen. Doch die Frage stellte sich mir gar nicht, da mein Vorstellungsgespräch bei SENSORY-MINDS mehr als gut lief.
Das Designstudio ist mit fast 30 Mitarbeitern relativ klein und besteht erst seit 2009. Dafür beschäftigt sich die Agentur mit der neuesten Technologie, hauptsächlich im Bereich Multitouch-Anwendungen. So etwas kannte ich bisher nur aus Filmen! Bei einer kurzen Bürobesichtigung sah ich viele junge Gesichter, eine stylische Einrichtung und sogar Multitouch-Geräte zum Ausprobieren. Im Vorstellungsgespräch wurde mir gesagt, dass viel Wert auf die Weiterbildung bzw. Entwicklung der Mitarbeiter gelegt wird, sowohl was externe Schulungen betrifft als auch die Kommunikation von Wissen innerhalb der Firma. Weitere Pluspunkte verdienten sich die Geschäftsführer, zum einen weil ich gleich sehr herzlich aufgenommen und mir das „Du“ angeboten wurde, zum anderen weil sie alle als Dozenten tätig sind. Von ihnen konnte ich auf jeden Fall etwas lernen. Und die Projekte der Agentur waren nach meiner ersten Recherche auch wirklich interessant. Das war meine Firma! Ich wollte unbedingt hin. Ein bisschen musste ich danach noch zittern, und als dann endlich die Zusage kam war ich total aufgeregt.
Mittlerweile arbeite ich seit über einer Woche dort und mein erster Eindruck hat sich mehr als bestätigt. Die Firma war ein Glücksgriff 🙂 Ob ich mit den Aufgaben einer Projektmanagerin zurechtkomme wird sich in der nächsten Zeit herausstellen, im Moment arbeite ich mich noch in die diversen Projekte ein und übernehme schon kleinere Aufgaben, aber ich bin auf jeden Fall zuversichtlich.
Sonja, ON08